Zur wirksameren Unterbindung solcher Verstöße beschloss der Bundestag 1972 das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG)[1].
Dieses Gesetz regelte zulässige Arbeitskräfteverleihung nach den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts.
Danach hat ein Verleiher das Recht, eine Arbeitskraft an ein anderes Unternehmen weiter zu verleihen, und übernimmt gleichzeitig für diese Arbeitskraft die üblichen Pflichten eines Unternehmers (Lohnzahlung, Lohnfortzahlung im Urlaub und bei Krankheit, Kündigung nach den Regeln des Kündigungsschutzgesetzes usw.). Grundlage ist ein Vertrag, den Verleiher und Leiharbeiter miteinander vereinbaren und der „während der Zeit, in der der Arbeitnehmer in dem fremden Betrieb tätig wird, weiter besteht“ [2].
Die Verleihung der Arbeitskraft wird in einem gesonderten Vertrag zwischen dem Verleiher und dem Entleiher, zum Beispiel Daimler, vereinbart (Arbeitnehmer-Überlassungsvertrag[3]).
Der Verleihung von Arbeitskräften ist ein besonderes wirtschaftliches Risiko eigen; denn nach einer abgeschlossenen Verleihung in einen Einsatzbetrieb können Anschlussaufträge fehlen, also einsatzfreie Zeiten drohen. Das Gesetz wollte verhindern, dass der Verleiher dieses Risiko auf die Leiharbeitskraft abwälzt. Deswegen ordnete es an, dass der Vertrag des Verleihers mit seinem Arbeiter grundsätzlich nicht befristet ist (besondere Befristungsverbote) [4]; insbesondere darf dieser Vertrag nicht auf den Zeitraum des ersten Einsatzes beschränkt sein (Synchronisationsverbot). Dabei verpflichtet das Gesetz den Verleiher zwingend, dem Leiharbeiter den Lohn auch in Arbeitszeiten weiter zu zahlen, in denen er ihn nicht beschäftigen kann[5].
Das Gesetz wollte zudem verhindern, dass ein Leiharbeiter auf Dauer in einem Betrieb eingesetzt werden kann. Wenn Daimler eine Arbeitskraft für mehr als 3 Monate brauchte, sollte Daimler eine Stammarbeitskraft einstellen. Das regelte das Gesetz dadurch, dass es eine Höchstverleihdauer anordnet. Länger als drei Monate durfte kein Leiharbeiter bei Daimler eingesetzt werden.
Besonders wichtig sind die Vorschriften zur staatlichen Aufsicht des Verleihers und die Sanktionen zur Einhaltung und Durchsetzung der Schutzvorschriften dieses Gesetzes[6]. Das Verleihen von Arbeitskräften bedarf einer besonderen Erlaubnis[7], „um illegale Praktiken zu unterbinden“ [8]. Wenn der Verleiher ohne Erlaubnis handelt, wird durch Gesetz aus der Leiharbeitskraft eine Stammarbeitskraft von Daimler[9].
Obwohl das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) verabschiedet worden war, um Leiharbeitskräfte besser zu schützen, konnte es nie auch nur die elementarsten Rechte der Leiharbeitskräfte sicherstellen. Leiharbeiter selbst nehmen diese Rechte nur selten wahr; die Rolle, die ihre Verleiher dabei spielen, verschweigen sie. Angst leitet das Verhalten der Leiharbeiter, Angst als Kehrseite der Schutzlosigkeit und Unterdrückung[10].
[1] AÜG vom 7. August 1972 (BGBl. Teil 1 S. 1393)
[2] BVerfG a.a.O.
[3] Muster können aus dem Internet heruntergeladen werden
[4] § 3 Abs. 1 Nr. 3, 4, 5 AÜG i.d.F. v. 7.8.1972.
[5] so genannter Annahmeverzug, der für jeden Arbeitgeber gilt, § 615 Satz 1 BGB, der nach § 11 Abs. 4 Satz 2 AÜG bei einem Leiharbeiter nicht durch Vertrag aufgehoben oder eingeschränkt werden kann
[6] Bei Verletzungen von Vorschriften dieses Gesetzes drohen überdies Bußgelder (§ 16 AÜG) und andere Sanktionen (z.B. Strafen wegen Steuerhinterziehung oder Beitragshinterziehung, weil Steuern oder Beiträge zur Sozialversicherung nicht abgeführt werden)
[7] § 1 Abs. 1 S. 1 AÜG i.d.F. v. 7.8.1972; die Erlaubnis erteilt die Bundesagentur für Arbeit (§ 17 AÜG)
[8] Minister Arndt in Bundestagsdebatte v. 21.06.1972 BT-Protokolle 6. Wahlperiode 194. Sitzung S. 11379
[9] §§ 9 Nr. 1, 10 Abs. 1 AÜG i.d.F. v. 7.8.1972
[10] Ein Beispiel: „Sowohl im Jahr 1978 als auch im Jahr 1979 wurde beobachtet, dass vor Feiertagen, insbesondere in der Weihnachts-/Neujahrswoche eine ungewöhnlich große Anzahl von Leiharbeitnehmern ihre Arbeitsverhältnisse mit Verleihern kündigte, nach Ablauf der Feiertageszeit von den Verleihern jedoch wieder eingestellt wurde. In einigen Fällen ist die Bundesanstalt für Arbeit diesem Verhalten der Leiharbeitnehmer, das wegen des Verlustes der Ansprüche auf Lohnfortzahlung für die Feiertage wirtschaftlich nicht verständlich ist, nachgegangen, um festzustellen, ob von den Verleihunternehmen Druck auf die Leiharbeitnehmer ausgeübt wurde. Ein derartiger Druck konnte jedoch nicht festgestellt werden. Soweit sich die Leiharbeitnehmer überhaupt äußerten, erklärten sie, von sich aus die Kündigung ausgesprochen zu haben. Es drängt sich jedoch die Vermutung auf, dass diese Kündigungen nicht ohne Zutun der Verleiher erfolgten.“ (Vierter Bericht der Bundesregierung über Erfahrungen bei der Anwendung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes v. 12.09.1979 Drs. 8/4479, S. 14.).